[Leseeindrücke] Carbon 2185 – Cyberpunk basierend auf Dungeons and Dragons

Cover von Carbon 2185 - Augmented Edition

Cover Carbon 2185, Augmented Edition © Dragon Turtle Games

Über die Feiertage konnte ich das Grundregelwerk von Carbon 2185 lesen, das Anfang 2019 per Crowdfunding finanziert wurde. Das Grundregelwerk beinhaltet ein vollständiges Cyberpunk-Rollenspiel basierend auf den OGL-Regeln von Dungeons & Dragons (5. Edition), verzichtet aber im Gegensatz zu seinem Ursprung (und Shadowrun) auf Fantasy-Elemente. Mir sagt das System sehr zu, da es eine gute Regeldichte, sehr viele mögliche Kampagnenthemen und gute Inspiration bietet. Dazu folgen „ein paar“ Gedanken.

Der Beitrag wurde ausführlicher als geplant und basiert auf der Lektüre Grundregelwerks als PDF sowie der Erschaffung einiger Test-Punkerinnen. Die gegebene Übersicht über Setting und Regeln erhebt aber nicht den Anspruch, vollständig zu sein. Wer eine Kurzfassung wünscht, springt am besten gleich zum Fazit am Ende.

Worum es geht

In Carbon 2185 übernehmen die Spielerinnen die Rolle von Punkerinnen, die im Jahr 2185 durch das Raster der Gesellschaft fallen. Das Grundregelwerk deckt eine breite Themenpalette ab, um „Punk“ für die eigene Gruppe zu definieren. So können die Protagonistinnen eine Karriere in einem Verbrechersyndikat beginnen, als Söldner (ergo Runner) anheuern, in einer der Sekte für ihr Seelenheil kämpfen oder sich einer der verschiedenen Rebellengruppen anschließen. Natürlich lässt sich jeder Ansatz mit den anderen Ideen kombinieren. Selbst eine Reise zu anderen Planeten wäre möglich, verlässt für mich aber deutlich den Fokus des Grundregelwerks und Settings.

Die Zukunft von Carbon 2185 beginnt im Weltraum

 „Today’s world is distant history to the people of 2185, and they care very little for, and frankly aren’t educated about, things that happened 150 years before they were born. The people of 2185 focus on the here, the now, and the future.“ – Carbon 2185, GRW, S. 140

Die „historische“ Entwicklung der Erde von Carbon 2185 trennt sich im Jahr 2019/2020 von den realen Begebenheiten. Konzerne, Politikerinnen und „die Reichen“ treiben den Klimawandel bis 2030 zum Kollaps und ruinieren die Umwelt. In den darauffolgenden 155 Jahren etablieren sich die Megakonzerne, die obligatorische Kluft zwischen Arm und Reich explodiert, organisierte Bandenkriminalität und Augmentation-Technologie (sprich Cyberware) beherrschen den Alltag.

Eine wichtige Epoche von Carbon 2185 nennt sich „the scramble for the stars“ (2030-2082) und beginnt 2030 mit der ersten bemannten Marslandung. Diesen Zeitabschnitt dominiert die Raumfahrt durch Wurmlöcher, die Besiedlung des Mars‘ und andrer Planeten. Diese Kolonien werden im Regelwerk nur als Quelle für knappe Rohstoffe und als Elysium der Wohlhabenden genannt. Trotz fehlender Hintergrundbeschreibungen begrüße ich dieses Element, weil das Setting für mich dadurch die Stimmung der Romane von Philip K. Dick (Time Out of JointDo Androids Dream of Electric Sheep? / Blade Runner) ins Spiel bringt.

Die grundlegende Augmentation ist der Neurolink, der mit dem Gehirn einer Person verbunden ist. Dieser ermöglicht seiner Anwenderin eine direkte Verbindung mit Computern und Daten – nützlich für alles vom Online-Shopping über die Essensbestellung im Restaurant bis hin zur Überprüfung der eigenen Vitaldaten. Das Unternehmen „Shenzhen Solutions“ bringt die Neurolinks erst gegen Ende des „scramble for the stars“ in den 70ern des 21. Jahrhunderts von einer Weltraumexpedition auf die Erde. Den genauen Ursprung der Technologie verschweigt das Buch allerdings. Schon dieses Hintergrunddetail inspiriert mich als Grundlage für eine interessante Kampagne.

2185 zwischen Menschen, Maschine und Gott

Einen ebenso spannenden Kampagnenaufhänger bietet die Entwicklung synthetischer Menschen (die Synth) Anfang der 2130er Jahre. Synth vereinen einen biologischen Körper, Robotertechnologie sowie künstliche Intelligenz und werden von mehreren Megafirmen im Weltraum als billige Arbeitskräfte hergestellt. 2185 gibt es Synth-Rebellen, die versuchen ihre Art aus dem sklavenartigen Dasein zu befreien. Nur eine von vielen „punkigen“ Revoluzzern.

Weitere Settingdetails und Kampagnenideen entwickeln in meinem Kopf aus den zwei großen Religionen bzw. Sekten in Carbon 2185. Auf der einen Seite versucht „the Church of the Maschine Bound God“ durch die Verschmelzung von Menschen mit Augmentation-Technologien die Schwäche des Fleisches auszumerzen. Die Anhängerinnen der „Purified Soul of Mankind“ sehen in der transhumanistischen Technologie hingegen die Korruption der Menschheit statt ihrem Seelenheil. Friedliche und militante Anhängerinnen beider Kirchen lassen sich ebenfalls als Abenteueraufhänger aufgreifen.

Die Kolonien oder die Bandlands außerhalb der Großstädte locken mich ebenfalls als Expeditionsziel eines Abenteuers oder einer Kampagne. Allerdings gibt es zu beiden Gebieten in den Grundregeln kaum Quellenmaterial, da der angedachte Spielort die Großstadt ist. Carbon 2185 platziert San Francisco als Standardstadt im GRW an, wobei weitere Quellenbände für Manhatten, Tokio und London folgen sollen.

San Francisco: Knapp aber reichhaltig

Carbon 2185 Stadtkarte San Francisco

Stadtkarte San Francisco @ Dragon Turtle Games

Die allgemeine Weltbeschreibung umfasst auf 24 Seiten die Weltgeschichte von 2019 bis 2185 sowie eine Übersicht der großen Megakonzerne, Gangs und anderen relevanten Gruppen. Weitere 14 Seiten erörtern die konkreten Verhältnisse in den fünf Distrikten von San Francisco. Das Setting berücksichtigt dabei zahlreiche Rivalitäten zwischen verschiedenen Organisationen. Besonders gefällt mir, dass die Gangs sich in verschiedene Untergruppierungen aufteilen und Streitigkeiten zwischen diesen Banden skizziert werden. Weitere Informationen finden sich immer im restlichen Buch bei den jeweiligen Regeln.

Der Umfang bietet mir sehr viel Inspiration für eine vielseitige und lebendige Spielwelt. Allerdings dürfen und müssen willige Spielleiterinnen (gegebenenfalls mit ihren Spielerinnen) das Angebot der Hintergründe selbst weiter auszuarbeiten. Mir persönlich sagt das Prinzip sehr zu, aber da gehen die Geschmäcker schließlich auseinander.

Beispielsweise wird jeder Gang etwa eine halbe Seite Platz eingeräumt. Diese erläutert die Tätigkeitsbereiche, Bandenführerinnen, ein bis zwei Untergruppierungen und Rivalitäten mit anderen Gangs. Allerdings sind meist nur ein bis zwei wichtige Charakterinnen innerhalb der Bande genannt und minimal beschrieben. Das zweiteilige Einstiegsszenario „Chow’s Request“ demonstriert, wie diese Grundlage bereits ausreicht. Dabei dreht sich das Abenteuer um den Konflikt zwischen den „Washington Street Boys“ sowie den „Wan Chai Warriors“, zwei rivalisierende Banden, die beide zur „16k Triad“ gehören.

Bekanntes Spielprinzip: 1w20 + Bonus gegen Zielwert

Wer mit den Regeln von DnD 5 vertraut ist, wird sich in Carbon 2185 schnell zurechtfinden. Kern aller Proben sind sechs Attribute, bei denen Technology und People die gewohnten Werte Wisdom und Charisma ersetzen. Die Attribute geben den gewohnten Bonus auf 1w20 für Proben. Wenn eine Punkerin in einer Fertigkeit oder einem Rettungswurf Übung hat, erhält sie ebenfalls einen Übungsbonus. Das Ergebnis muss einen Zielwert zwischen 5 und 30 erreichen oder übersteigen. Aus günstigen oder nachteiligen Umständen resultiert gegebenenfalls ein Vorteil oder Nachteil, wobei 2w20 gewürfelt und das bessere oder schlechtere Ergebnis zählt.

Die Fertigkeitsliste wurde natürlich an das Setting angepasst und schließt Fertigkeiten wie HackingRobotic und Vehicles (Aircraft/Land) ein. Die Rettungswürfe wurden auf Fortitude (basierend auf Konstitution), Reflex (Geschicklichkeit) und Mind (Intelligenz) reduziert, was ich selbst den sechs Rettungswürfen aus DnD vorziehe.

… und neue Regeln

Carbon 2185 Charakterbogen Seite 1

Charakterbogen (Seite 1) von Carbon 2185 – soweit so vertraut © Dragon Turtle Games

Natürlich gibt es auch viele neue Regeln, die bei Dungeon & Dragons keine Rolle spielen wie Augmentations, Fahrzeugkampf und Mods für Waffen. Für ein Cyberpunkrollenspiel sind in meinen Augen natürlich die Augmentations (und Hacking im nächsten Abschnitt) besonders interessant. Außerdem spielt der Influence einer Punkerin in Carbon 2185 eine wichtige Rolle.

Für technische Verbesserungen der eigenen Fähigkeiten können sieben Slots wie Augen, rechter und linker Arm oder der Torso genutzt werden. Die Augmentations existieren in sechs Technologiestufen mit zunehmender Leistungsfähigkeit von Stufe 0 bis 5. Allerdings gelangen durch die Energiezelle der Erweiterungen Giftstoffe in das Blut ihrer Trägerinnen, sodass die Blood Toxicity den Einsatz von Augmentations begrenzt. Eine hohe Konstitution sowie (teure) Medikamente können diese Wirkung abfedern. Im Austausch dafür reicht das Angebot bis hin zu einem Paar Flügel oder massiven Stärke-Boni.

Influence ist ein Wert für den Einfluss einer Punkerin und wir getrennt für die Straße sowie gegenüber den Konzernen festgehalten. Ohne ausreichenden Ruf findet eine Punkerin keinen Zugang zu zahlungskräftigen Dealern auf dem Schwarzmarkt oder hochstufigen Augmentations. Einige Richtlinien geben einen Eindruck davon, welche Aktionen welchen Wert von bestimmten Stufen auf die nächst höhere steigern können. Umso bekannter eine Punkerin ist, umso mehr muss sie natürlich bieten, um der Spitze noch näherzukommen. Die Umsetzung gefällt mir sehr gut, da die Aufteilung relativ konkret bleibt, ohne zu sehr ins Detail zu gehen.

Spannende Hackerinnen: (fast) ohne Hacking

Regeln für Hacking erfordern im Cyberpunk-Rollenspiel immer mal wieder eine Gratwanderung. In fremde Computersysteme einzudringen, ist durchaus ein zentrales Thema, das die vernetzte Zukunft oft illegaler Storys des Rollenspielgenres prägt. Carbon 2185 schafft es dabei, eine relevante Hackerin-Klasse zu bieten, ohne ein aufwendiges Subsystem bzw. Minispiel für Hacks zu entwickeln.

Zunächst reicht eine einfache Probe, um ein Computersystem zu manipulieren. Der Zielwert zwischen 10 und 28 basiert dabei auf einer von 10 Sicherheitsstufen (von 1 wie „easily accessible“ bis 10 wie „AI bio encrypted“). Interessant bleibt die Klasse durch das Talent Exploits. Dieses erinnert ein wenig an Magie in Dungeon & Dragons und erlauben der Hackerin, die Sinne anderer Personen zu manipulieren, ihr neuronales System für Schaden anzugreifen oder die Umgebung zu manipulieren.

Dafür kennt die Punkerin je nach Stufe eine bestimmte Anzahl von Exploits, die sie mit ihrem Botnetz ausführen kann. Durch jeden Einsatz des Botnetzes wird ein Teil der angeschlossenen Geräte unbrauchbar und muss während einer Rast ersetzt werden. Dadurch ist die Anzahl der Anwendungen ähnlich zu Zaubersprüchen begrenzt. Meinem Geschmack nach glänzt das System in seiner Eleganz, Hackerinnen interessant zu machen.

Punkerin erschaffen: Klasse und Herkunft

Die Regeln von Carbon 2185 lesen sich geradlinig, aber nicht immer ganz logisch und stringent aufbereitet. Das fiel mir das in Kapitel 1 „Creating Characters“ das erste Mal sowie am deutlichsten auf. Aber gehen wir der Reihe nach.

Eine Punkerin entsteht in folgenden neun Schritten:

1. Determine your character’s Ability Scores.

Die Spielerin bestimmt sechs Werte für ihre Attribute mit jeweils 2w6+5 oder nimmt die Standardwerte (16, 14, 13, 12, 10, 9). Der rote Faden wird für mich gestört, da diese zunächst nur generiert und noch nicht zugeordnet werden.

2. Choose your Origin.

Der zweite Schritt gilt der Herkunft der Punkerin und spiegelt ihre frühen Jahre ihres Lebens wieder. Dabei verleiht jede Herkunft der Charakterin zwei Boni auf Attribute sowie besondere Eigenschaften einschließlich der Anzahl der gesprochenen Sprachen und die Bewegungsweite. Zur Auswahl stehen sechs unterschiedliche Optionen, die teilweise zwei Subtypen zur Auswahl stellen:

  • Badlander sind außerhalb der Städte in einer stark verschmutzen Umwelt aufgewachsen und können Bruiser oder Scavenger Bruiser verlassen sich auf ihre Stärke, Einschüchterung und Gewalt, während Scavenger basteln und defekte Geräte auseinandernehmen.
  • Gutter Punks leben ihre Version der Punkbewegung vergangener Jahrhunderte. Meist stammen sie aus den ärmsten Gebieten einer Stadt und leben verlassen Gebäuden. Aufgrund ihrer rebellischen Einstellung „arbeiten“ sie eher an einer kriminellen Karriere und profilieren sich eher im Straßenleben als in Firmen.
  • Korporate Kids wachsen in Firmen-Waisenhäuser auf, die firmentreue Arbeiterinnen hervorbringen sollen. Die Sleeker halten sich bedeckt, um Ärger aus dem Weg zu gehen, während High Flyer aufgrund ihres Talents von den Konzernen mit Augmentation gefördert werden.
  • Regular Joe passt als Durchschnittsperson gut in die Gesellschaft von Carbon 2185. Auffällige Talente fehlen ihnen, aber ihre soziale Anpassungsfähigkeit hilft ihnen auch abseits des Mainstream-Alltags.
  • Synth unterscheiden nur durch Strichcodes unter jedem Augenlid von echten Menschen. Houston Dynamics entwickelt sie vor allen Dingen als Securitys, während sich Shenzhen Solutions Paramour auf persönliche Assistentinnen und Begleiterinnen spezialisiert. Eher als Arbeitskraft in den Kolonien gedacht, sind Synth von Visser Robotics.
  • Wormer stammen aus den Weltraumkolonien und sind aufgrund der dortigen Umweltbedingungen besonders widerstandsfähig. Die Bezeichnung Wormer leitet sich von den Wurmlöchern ab, die fast alle Kolonien mit der Erde verbinden.

3. Generate a Vice.

Für die Persönlichkeit einer Charakterin wird im dritten Schritt ein Vice gewählt oder mit 1w100 ausgewürfelt. Der Schritt steht zwar an dritter Stelle, die dazugehörigen Ausführungen folgen im Regelwerk allerdings erst nach den Klassen. Zusätzlich erschließt sich mir nicht, warum dieser Schritt statt dem nächsten in der Reihenfolge kommt. Vice liefert in meinen Augen eher ein Gimmick als einen rollenspielerischen Mehrwert. Dafür fehlt es diesem Element etwas an Tiefe, wie beispielsweise die Hintergründe aus DnD 5.

4. Apply Ability Scores.

Die Spielerin verteilt nun die generierten Werte auf die sechs Attribute. Von der bisherigen Logik der Erschaffung würde ich diesen Schritt zusammen mit der Generierung der Werte allerdings hinter die Klassenwahl verschieben.

5. Generate a Background and Determine Age.

Im fünften Schritt wird die bisherige Karriere der Punkerin bestimmt. Dafür beginnt sie im Alter von 18 Jahren. Die Spielerin kann aus einem von 10 Karrierepfaden wählen, für die sich die Punkerin für jeweils fünf Jahre verpflichtet. Das ist die Standardlaufzeit von Arbeitsverträgen in Carbon 2185. Anschließend wird gewürfelt, ob sie fünf Jahre übersteht oder wegen einer Verletzung nach 1w4 Jahren ausscheidet. Ihren Lohn, Übung in einer neuen Fertigkeit oder einem Werkzeug, eine neue Sprache und ähnliche Vorteile erhält sie allerdings nur nach Erfüllung des gesamten Arbeitsvertrags.

Nach fünf Jahren kann die Spielerin den Vertrag verlängern, ihren Karrierepfad wechseln oder freiwillig ausscheiden. Wenn sie lang genug durchgehalten hat, erhält sie eine Pensionszahlung, außerdem gibt es ein Abschiedsgeschenk.

Sobald die Charakterin sich zurückzieht oder nach einer Verletzung zwangsläufig aus dem Erwerbsleben ausscheidet, wird ihr Startalter berechnet. Abhängig von ihrem erreichten Startalter und ihrer Herkunft setzen bei der Punkerin eventuell die ersten Alterserscheinungen ein.

Herkunft und Klasse geben kein Startgeld und nur minimal Übung in Rettungswürfen sowie Fertigkeiten. In Kombination mit dem Hintergrund entsteht dadurch eine breite Vielfalt möglicher Punkerinnen, was mir sehr gut gefällt. Wer allerdings das Sci-Fi-Rollenspiel Traveller dürfte das Prinzip der Karriere wiedererkennen. Leider bietet die Umsetzung von Carbon 2185 keine Ereignistabellen und erreicht für mich nicht die Tiefe von Traveller. Für mich verschenkt das Potenzial, aber andererseits erlaubt es natürlich mehr eigene Setzungen durch die Spielerin.

6. Choose a Class.

Mit der Klasse legt sich die Spielerin auf die Rolle ihrer Punkerin innerhalb der zukünftigen Gruppe fest. Auch hier stehen sechs Optionen zur Auswahl, die in meinen Augen gut gewählt sind und eine gute Auswahl an Talenten und Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Da jede Klasse innerhalb der ersten Stufe zwischen zwei bis drei Untertypen wählen kann, unterscheiden sich auch Punkerinnen gleicher Klasse voneinander. Die Klassen sind:

Daimyo: Die erste Klasse kombiniert schwere Waffen, den Kampfrausch der DnD-Barbarin und soziale Skills. Wenn die Gruppe in Personalunion eine Anführerin und Tank sucht: Hier ist sie!

Doc: Jede verletzte Punkerin begrüßt diese Klasse, die auch im Kampf mit Support-Talenten wertvoll ist. Da die Grenze zwischen organischem Menschen und Technik fließend ist, gehören auch Reparaturtalente dazu.

Enforcer: Die klassische Allrounderin für den Kampf darf auch im Cyberpunk-Rollenspiel nicht fehlen. Im Gegensatz zur Daimyo folgt diese Klasse eher, als anzuführen. Im Kampf erweist sie sich aber dafür als vielseitiger.

Hacker: Exploits beherrschen das Kampffeld und verwirren die NSCs. Ab Stufe 3 entwickeln eine Hackerin entweder ordentliche Tricks für den Kampf oder beginnt mit einer Roboterbegleiterin ihre Karriere als Robomancer.

Investigator: Ob investigative Journalistin oder Privatermittlerin: Wenn Waffen und Einschüchterung keine neuen Informationen aufdecken, nimmt die Ermittlerin die Spur auf.

Scoundrel: Die sechste Klasse sichert mit List und Tücke, Heimlichkeit und Geschick ihr Überleben. Dabei bewegt sie sich talentiert durch die Schatten, greift aus dem Hinterhalt an und weicht Gefahren geschickt aus.

7. Calculate Skill Modifiers and Saving Throws.

Fertigkeiten und Rettungswürfe sind jeweils einem Attribut zugeordnet. Im Grunde ist dieser Schritt schnell erledigt, da sie jeweils dem Modifikator des zugehörigen Attributs entsprechen. Wenn die Punkerin in einer Fertigkeit oder einem Rettungswurf geübt ist, gibt es auf Stufe 1 einen Übungsbonus von +2. Einige Talente verdoppeln diesen Bonus sogar für einzelne Fertigkeiten.

8. Buy Gear and Calculate Carry Weight.

Jetzt darf eingekauft werden – selbsterklärend. Es gibt eine schöne Waffenauswahl – vielseitig, aber nicht überladen.

„Everything is for sale in San Francisco. If you have the wonlongs and the right connections then you can get your hands on anything, legal or otherwise, that you can imagine. Just don’t ask too many questions or you may find yourself served up to factory workers in tomorrow’s ramen.“ – Carbon 2185, GRW, S. 167

9. Choose a Name.

Das Schwierigste kommt zum Schluss: der Name. Bei Carbon 2185 zählt meist ein individueller Straßenname mehr als der Geburtsname.

 

Es ist generell eine Schwäche des Regelwerks, dass die Regeln meines Erachtens nicht immer logisch geordnet sind und das wird im Erschaffungskapitel am deutlichsten. Trotzdem gingen meine Beispielcharakterinnen schnell von der Hand, wobei natürlich die erste Punkerin mehr Zeit erfordert, um die verschiedenen Optionen durchzugehen.

Der modulare Aufbau mit Herkunft, Klasse und Hintergrund sowie die Möglichkeit an vielen Stellen Benefits entweder frei zu wählen oder auszuwürfeln, scheinen mir eine gute Balance zwischen starren Klassensystemen und individueller Anpassung zu erlauben. Fast jede Spielerin sollte dadurch ihre persönliche Protagonistin basteln können und mir persönlich fehlt nichts – höchstens vielleicht eine Rockstar-Klasse.

Bei Hintergrund und Vice könnte das System mehr bieten, die Persönlichkeit und das Leben der Punkerin auszugestalten. Es kann aber auch ein Vorzug sein, die Hintergrundgeschichte der Punkerin recht frei und nach eigener Vorstellung zu definieren.

Fazit

„Carbon 2185 uses the CarbonRPG system. The CarbonRPG system was developed and built using the Open Game License of the world’s most popular roleplaying game. We’ve taken all our favorite parts of that system, removed what doesn’t suit our vision of cyberpunk, and added our own layer of mechanics and rules. In some cases, we rewrote entire sections.“ – Carbon 2185, GRW, S. 3

Carbon 2185 halte ich für ein gelungenes Cyberpunk-Rollenspiel, das durch eine schöne Bandbreite von Cyberpunk-Themen und -Kampagnen abdeckt. Das Setting ist mit grobem Strich gezeichnet und bietet sehr viel Inspiration, erfordert aber weitere Ausgestaltung von Spielgruppe oder Spielleiterin. Mehr Hintergrundinformationen zu den Weltraumkolonien, dem Leben auf einem Raumschiff sowie in den Badlands wären ein Nice-to-Have.

Die Regeln sind im gemäßigten Detailgrad, der von Dungeon & Dragons (5. Edition) bekannt ist. Es gibt viele individuelle Talente und Stellschrauben, aber keine ausufernden Subsysteme, die in anderen Cyberpunk-Rollenspiele gelegentlich die Runde ausbremsen. Dungeon-&-Dragons-Spielerinnen finden sich sicherlich schnell zurecht. Die Aufarbeitung und Anordnung der Regeln könnten allerdings stimmiger sein und erschweren den Einstieg für Anfängerinnen oder das Nachschlagen einzelner Regeln. Immerhin ist die Augmented Edition des PDFs gut im Inhaltsverzeichnis am Anfang sowie einer Kapitelübersicht am Ende verlinkt.

Als Cyberpunk-Rollenspiel ohne fantastische Elemente gefällt mir Carbon 2185 sehr gut und ich bin gespannt auf ein Testspiel. Wer nach alternativen Regeln für Shadowrun mit Magie und Fantasy-Völkern sucht, muss hingegen selbst noch Zeit für die Adaption investieren.

Weiterführende Links

Wer mehr Interesse hat, kann die Webseite von Dragon Turtle Games oder die Crowdfunding-Seite besuchen. Auf der Homepage erhaltet Ihr außerdem einen Quickstarter, wenn Ihr Euch für den Newsletter anmeldet – das hat bei mir allerdings nicht funktioniert. Im nächsten Jahr werde ich sicherlich auf Twitter Spielerinnen für einen Online-Oneshot suchen. Wer möchte, kann mir dort gerne folgen.

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