Die Blog-O-Quest #44 beschäftigt sich mit Spielmechaniken im Rollenspiel. Da mich die Fragen von Christophorus ansprechen, dreht sich der folgende Beitrag um Regelwerke, Hausregeln und einen Rollenspiel-Hack für katanaschwingende Unsterbliche. (Wer sich mit Letzterem auseinandersetzen möchte, kann mir gerne unverbindlich bei Twitter schreiben. Damit verspreche ich aber noch nichts.)
Umfassend komplex, aufs Nötigste reduziert oder kreativ verpackt: Wie sollte für Dich das optimale Regelwerk aussehen?
Das optimale Regelwerk beschränkt sich für mich auf das Notwendige. Eine logische Struktur zählt dazu und optionale Regelbeispielen schätze ich. Oft genug vermittelt ein gutes Beispiel am einfachsten die Zusammenhänge zwischen verschiedenen Mechaniken. Wenigstens kommerzielle Produkte benötigen Bilder, um die Lesbarkeit zu verbessern. Gute Illustrationen vermitteln darüber hinaus die Atmosphäre der Spielwelt. Selbst rudimentäre Grafiken können diesen Zweck sehr gut erfüllen. Das demonstrieren in meinen Augen zahlreiche OSR-Systeme.
Nach oben begrenzen Systeme wie Dungeon & Dragons oder Savage Worlds meine Komfortzone der Regelkomplexität und -Dichte. Mit den richtigen Spielerinnen spiele ich auch Pathfinder. Das ist allerdings die Ausnahme.
Nach unten gibt es hingegen keine klare Grenze für mich. Abhängig von meiner Rolle als Spieleiter oder Spieler und der Gruppenkonstellation funktionieren verschiedene Systeme sehr gut. In Oneshots funktioniert ohnehin viel, was in einer Kampagne stören könnte. Ein paar Charakterwerte pflege ich als Spieler in einer längerfristigen Runde schon gerne. „Optimal“ umfasst allerdings einen gewissen Spielraum.
Kreative „Verpackungen“? Als positive Nennungen bieten sich Regelerklärungen in Comic-Form an. Zwei Beispiele wären Worlds in Peril (Comic-Superhelden) oder Tenra Bansho Zero (Manga). Zu diesen passt das Format sehr gut. Im Zweifelsfall präferiere ich ein funktionales Regelwerk.
Welche Regelwerke haben Dich bisher positiv wie negativ am meisten überrascht und weshalb?
Jetzt könnte ich exotische Systeme nennen. Am Herzen liegt mir aber Vampire: die Maskerade. Das System war mein erstes Rollenspielregelwerk. Die zahlreichen Inspirationen beim Lesen haben mich damals positiv überrascht und begeistert. Mir gab das den Schub, aktiv nach einer Runde zu suchen. Mit meinen heutigen Einblicken in unterschiedliche Regeldesigns fehlt mir die Begeisterung für die Regeln der classic World of Darkness. Den Settings der Vampire- und Jäger-Spiellinie bin ich aber weiterhin eng verbunden.
Verwendest Du Hausregeln, um Regelwerke nach Deinen Vorstellungen umzuformen?
Momentan verwendet fast keine meiner Gruppen Hausregeln. Das ist aber die Ausnahme. Oftmals geht es nur darum, einen bestimmten Regelteil zu vereinfachen. Als Spielleiter lasse ich oft Belastungsregeln aus. Der Umgang mit der maximalen Traglast eines Charakters ist mir oft zu umständlich. Wissensfertigkeiten sind bei mir ebenfalls oft Ziel von Hausregeln. Das Hintergrundwissen der Heldinnen spielt in meinen Augen zu selten die Rolle, die in meinen Augen eigene Fertigkeiten rechtfertigt. Persönlich bevorzuge ich lieber einen Bonus oder Malus auf Allgemeinwissen, Bildung, Intelligenz oder Ähnliches, um bestimmte Wissensgebiete abzubilden.
Liest Du lieber das fremdsprachige Original oder kaufst Du (auch) die lokalisierte Fassung?
In meinem Regal überwiegen deutsche Übersetzung leicht. Wenn ich meine PDFs betrachte, dominieren hingegen englische Regelwerke meine Sammlung. Die lokalisierte Fassung vereinfacht das Spiel in meinen Augen. Auch 2019 beherrscht nicht jede Rollenspielerin Englisch – wenigstens nicht gut genug, um sich mit längeren Regeltexten auseinanderzusetzen.
Die Entscheidung für eine Sprache hängt meistens vom Kontext ab. Wenn ich keine konkreten Pläne habe, ein Buch zu benutzen, dann besorge ich es mir eher in der Originalsprache. Als Spielleiter nutze ich pragmatisch die ohnehin vorliegenden Bücher. Auch als Spieler einer Kampagne möchte ich die Regeln haben, um mich selbstständig einlesen und nachschlagen zu können. Wenn ich die Bücher noch nicht habe, richte ich mich nach den Mitspielerinnen. In meiner Star Wars-Runde lagen beispielsweise deutsche und englische Regelwerke vor. Wir mussten allerdings bei ähnlichen Fähigkeiten immer wieder nachvollziehen, welche Übersetzung mit welchem Original-Begriff korrespondiert. Das hat mich genervt.
Hattest Du schon einmal die Idee, ein eigenes Rollenspiel-Regelwerk auf die Beine zu stellen? Wenn ja: Was ist daraus geworden?
So viele Systeme, so wenig Zeit zum Ausprobieren. Trotzdem habe ich für eine Forenherausforderung vor Jahren mal zwei Nano-Systeme geschrieben und ein drittes angefangen. Ziel war es, dass sie auf eine Visitenkarte passen. Eine große geistige Leistung steckt meiner Einschätzung nach in keinem davon. Ihr Verbleib ist unsicher. Aber damit bin ich fein.
Ambitionen für ein eigenes Regelsystem fehlen mir aktuell. Momentan arbeite ich allerdings an einem Regelhack für das Horrorspiel Don’t Rest you Head. Unter dem Arbeitstitel Gib Dich nicht Auf entsteht eine Adaption, die sich um das Leben (und Leiden) von Unsterblichen im Stil des Highlanders dreht. Thematisch dreht sich der Hack um die Isolation und vergebliche Sinnsuche der Unsterblichen. Als Ableger des Originalsystems besteht die eigene Arbeit allerdings hauptsächlich in der Neuinterpretation der Begriffe und Fragen für die Charaktererschaffung. Aktuell warten meine Notizen darauf, getestet zu werden. Die Mechaniken habe ich nur minimal angepasst. Deshalb dreht sich der Test eher darum, ob die gewünschte Atmosphäre und Themen gelungen vermittelt werden. Das Projekt forciere ich aber nicht, sodass der Test noch in ferner Zukunft liegen könnte.
Über die RPG-Blog-O-Quest
Bei der RPG-Blog-O-Queststellen sich Rollenspielbloggerinnen gegenseitig im Monatswechsel jeweils fünf Fragen zu ihrem Lieblingshobby. Ursprünglich organisiert von Greifenklaue und Würfelheld, stellen inzwischen regelmäßig auch andere Bloggerinnen die Fragen und geben Lückentexte vor.
Wer kann teilnehmen?
Alle, die Lust haben, die gestellten in einem Blog, Podcasts, Vlogs oder ähnlichem mit einem Verweis auf den Ursprungstext zu beantworten, damit die Leser auch bei anderen Teilnehmerinnen stöbern können.
Was sollten Teilnehmerinnen nicht vergessen?
Der jeweiligen Blog-O-Quest-Veranstalterin einen Link zum eigenen Beitrag zukommen zu lassen, damit man diesen weiterverbreiten kann! Ggf. im RSP-Blogs-Forum.
Was bringt das Ganze?
Hoffentlich den Bloggerinnen Spaß beim Schreiben, den Leserinnen ebenso Spaß beim Lesen und natürlich Einblicke in die Gewohnheiten und Ansichten anderer zum Hobby. Idealerweise natürlich auch Inspiration für eigene Ideen.
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