Naivität, Schurken und Dramedy: Blogstöckchen

Ich wäre gerne etwas naiver am Spieltisch. Sorben hat mir bei Gelbe Zeichen ein Blogstöckchen für Rollenspieler zugeworfen. Das nehme ich gerne auf und nutze es für das ein oder andere Geständnis, die Zombie-Alien-Apokalypse und eine Geschäftsidee auf der Scheibenwelt.

bby stöckchen cc by-nc

Wenn ich die Regeln richtig verstanden habe, muss ich selbst auch jemanden nominieren. Und damit sie das auch (möglichst) sicher liest, nominiere ich bereits vor meinen Antworten die Zeitzeugin Guddy. Die Fragen finden sich ganz am Ende, weil ich nicht weiß, ob die neuen Fragen außer den Nominierten irgendjemanden interessieren.

Auf die Gefahr, dass sie das weder liest, noch bei Orkenspalter oder ihrem Blog einen geeigneten Platz für eine Antwort findet, nominiere ich ebenfalls Mháire Stritter.

Jetzt aber zu meinen Antworten:

1. Welches Rollenspielprodukt hat dich persönlich am meisten geprägt?

Als Rollenspielregelwerk muss ich an Vampire: die Maskerade (3ed., PDF) denken. Das war mein erster Rollenspielkauf. VdM hat mein Verständnis von Rollenspiel als gemeinsames, interaktives Erzählen einer Geschichte geprägt.

Aber die Antwort ist langweilig und kurz. (Als Blogger muss ich ja auch ein paar Klischees vom egozentrischen Selbstdarsteller pflegen.) Daher ein Geständnis: ich kann recht verkopft sein.

Im ersten Halbjahr nach meiner ersten Rollenspielrunde habe ich online und gedruckt alles mögliche zur Rollenspieltheorie gelesen. Am prägendsten war darunter Robin D. Laws’ Gutes Spielleiten.

Man muss Laws’ Typologie der Rollenspieler nicht teilen. Mich hat es für die Vielfalt des Rollenspiels sensibilisiert und für die verschiedenen Interessen am Spieltisch. Als leidenschaftlicher Spielleiter beobachte ich das Verhalten meiner Spieler immer und ordne sie gedanklich ein. Wenn ich neue Regelwerke bzw. Regelvorstellungen lese, dann ordne ich diese ebenfalls ein.

Mir hilft das sehr, die richtigen (Mit-)Spieler für mich zu finden, Probleme mit Spielern zu lokalisieren und mein Angebot als Spielleiter auf die Spieler abzustimmen. Auch erkenne ich recht zuverlässig, ob mir Regelwerke taugen oder Probleme mit ihnen zu identifizieren. Das spart Zeit und hat sich in der Vergangenheit bewährt, Probleme am Spieltisch zu lösen.

2. Wenn du heute nochmal eine Spielrunde starten könntest, die inhaltlich und vom Stil her genau so läuft wie deine allererste, würde das funktionieren? Warum?

Als Spieler: Schwierig. Meine erste Spielrunde war ein Homebrew des Spielleiters, dass sich als magische Zombie-Alien-Apokalypse beschreiben lässt. Wir haben damals einen w20 geworfen, ohne dass uns der Spielleiter eine Schwierigkeit angesagt hat. Kritische Erfolge/Patzer mussten bestätigt werden. Unsere Charakterbögen bestanden aus einem Wert für Wille und unserem Inventar.

Das freie Spiel würde vermutlich schon funktionieren. Mit den Spielern von damals sicher auch. Leider hat sich die Runde aus Zeitmangel des Spielleiters verlaufen. Allerdings würde es mir mittelfristig wohl fehlen, ab und an eine Charakterverbesserung zu notieren. Setting, Mitspieler und Atmosphäre gegenüber wäre ich aber offen.

Als Spielleiter: Ich denke schon. Im Gegensatz zu Stöckchenmeister Sorben ist mein erster Spielleitereinsatz erst drei Jahre her. So sehr habe ich mich noch nicht verändert. Meine erste Runde als Spielleiter würde ich gerne wieder rebooten…

… ähm …

Ende des letzten Jahres habe ich tatsächlich eine Fantasy-Runde gestartet, die im Grunde ein Reboot meines ersten Fantasy-Homebrews ist. Dank toller(, aber neuer) Mitspieler herrschen genau wie damals Charakterspiel und Eigeninitiative der Spieler vor.

Das Setting wurde erweitert und auf Spielerwunsch nicht ganz so düster wie damals. Allerdings wächst der Hintergrund am Spieltisch in eine andere Richtung.* Die Antwort lautet daher wohl, dass das inhaltlich nicht funktionieren würde.

*: Ja, ich plane außer einigen Konflikten und einem Thema wenig vor in meinen Kampagnen. Ich versuche stattdessen auf die Spieler zu reagieren und die Kampagne ihren Entscheidungen, Wünschen und Zielen anzupassen.

3. Was vermisst du heute am Rollenspiel, was vor 20 Jahren (bzw. in den ersten Jahren, als du angefangen hast) noch anders und viel besser war?

Wie in der vorherigen Frage angeklungen sind meine „vor 20 Jahre“ noch nicht lange her. Entsprechend habe ich mich abgesehen von der Eingewöhnung ins Hobby, einem Haufen investierten Geldes und Praxiserfahrung nicht so sehr geändert – und die (heimische) Szene auch nicht.

Eine Kleinigkeit vermisse ich aber dennoch: meine Naivität als Spieler ohne Spielleiterpraxis.

Mittlerweile sitze ich ungern auf der Spielerseite des Tisches. Als Spieler fällt es mir sehr schwer, den Spielleiter machen zu lassen. Das Geschehen wird dann immer mit einem Auge durch die Spielleiterbrille betrachtet und beim geringsten Stocken muss ich an mich halten, dem Spielleiter nicht „auszuhelfen“.

Andererseits habe ich das einigermaßen unter Kontrolle, sodass darunter niemand am Spieltisch leiden sollte – außer mir ein wenig. Ich bilde mir ein, dass ich damit ab und an auch hilfreich sein kann. Aber auf die Spielerrolle 100% einlassen fällt mir im Moment sehr schwer, daher würde ich ab und an gerne den Spielleiter in mir ausblenden können.

4. Welche Settings sind im deutschsprachigen Raum deiner Meinung nach völlig unterrepräsentiert?

Ich bin kein großer Fernsehschauer. Bei mir Laufen viele Serien, aber meistens im Hintergrund. Es liegt deshalb an meiner ersten Runde, weil ich ansonsten kaum Bezug dazu habe, aber ab und an hätte ich Lust auf ein bisschen Zombie-Survival.

Wenigstens gibt es mit All Flesh Must Be Eaten und Zombieslayer entsprechende Regelwerke, die (bzw. deren System) im deutschsprachigen Raum bekannt sein dürften. Ich habe aber nicht den Eindruck, dass diese eine große aktive Community haben. Weiterhin sprechen mich die Regeln nicht an, einschließlich weitere Zombie-Vertreter, die mir bekannt sind.

Noch schlimmer sieht es im Genre Cyberpunk aus, das ich gerne bespielen oder be-leiten würde – also ohne den Magie- und Fantasy-Einschlag von Shadowrun. Shadowrun ist natürlich noch aktiv, aber wenn man das wegnehmen würde? Meinem Eindruck nach gäbe es dann nur noch ein paar Nostalgiker, die Cyberpunk 2020 spielen.

(Ob das Genre tot ist oder noch spielbar, ist eine andere Diskussion.)

5. Wie würdest du deinen Spielstil/Spielleiterstil beschreiben? Bist du ein Freund des Power Gaming oder des Atmosphärenspiels?

Als Spieler: Chaotisch und weder noch. Ich mag keine langen Planungsphasen. Lieber eine grobe Idee vom Vorgehen und dann mal schauen, was passiert; meistens ja doch nicht, was man geplant hat.

Mein Charakter soll zwar in seinen Kernkompetenzen gut sein, aber ein paar Hobbyfertigkeiten müssen auch sein. Gerne werden Entscheidungen mitgenommen, die vermutlich dumm sind. Am Ende zählt für mich die Geschichte, die daraus wächst – es darf gerne etwas pulpig werden.

Als Spielleiter: Episch, flexibel und offen. Wenigstens flexibel und offen. Für die Ideen und Pläne der Spieler. Ich bereite in der Regel Konflikte und einen Plot-Hook für die Spieler vor und lasse die Ereignisse auf mich zukommen. Kampagnen versuche ich einen epischen Verlauf zu geben, bei dem es ordentlich um etwas geht – für die Spielwelt oder die Charaktere.

Dabei soll die Hintergrundwelt auf die Aktionen der Charakter reagieren und meine Vorüberlegungen werfe ich regelmäßig über den Haufen, wenn die Spieler sich in andere Richtungen verrennen. Sehr oft überraschen mich die Ereignisse ebenfalls, wenn ich von meinen Ideen abrücken muss. Entscheidungen und Handlungen untersage ich nur, wenn es das gespielte Genre oder alle Gesetze der Vernunft verletzt.

6. Dein Charakter liegt nach einem epischen Kampf im Sterben, es gibt keine Heilung, was sind seine Letzten Worte?

Weil ich bevorzugt Schurken spiele, wird es vermutlich: „Es gibt noch so viele Schätze, die jetzt nie eine gute Heimat finden werden.“ Ein wahrscheinlicher Klassiker wäre auch: „Werd’ Abenteurer haben se gesagt! Gibt Ruhm und Ehre, haben se gesagt!…“

7. Wenn du die Wahl hättest, würdest du auf 20% deiner Arbeitszeit und deines Gehalts verzichten, um mehr Zeit für Privates zu haben?

Als Student ist das relativ. Meine Stelle als Werkstudent würde ich ungern kürzen.

8. Welches ist dein Lieblingswürfel und warum?

Der w12 – Blognamen verpflichten… Er ist weitestgehend rund, rollt gut, ist aber übersichtlicher als ein w20. Dazu kommt, dass der w12 auch im Rollenspiel ein bisschen Exot ist. Kein großes, weit verbreitetes System, das ich kenne, benutzt ihn als Hauptwürfel. Wenn er auftaucht, dann in der Regel selten, bspw. als besonders hoher Schadens- oder Eigenschaftswürfel.

Mein erster selbstgekaufter w12 ist der einzige nachvollziehbare Würfel, der aus meinem Würfelbeutel nie aussortiert wurde; dabei bin ich mir nicht sicher, ob ich ihn je aktiv im Spiel verwendet habe.

9. In welchem Film-/Serien-/Buch-/Computerspiel-Universum würdest du am liebsten ein paar Monate Urlaub machen (vorausgesetzt, man garantiert dir, dass du überlebst?)

Mein erster Gedanke war die magische Welt von Harry Potter. Aber mit etwas Überlegungszeit komme ich auf die Scheibenwelt. Ich denke, die Zeit dort könnte man gut nutzen, um die Gilde der Treibe-mich-selbst-in-den-Ruin Schnapper um ein ansprechendes Franchising zu bereichern.

10. Eine Film- oder Fernsehadaption deines Lebens … was für ein Genre hätte sie?

Zum Abschluss die schwierigste Frage: darüber musste länger nachgedacht werden. Im engeren Sinne wäre das natürlich eine Filmbiografie… Okay. Spannendere Antwort: Nachdem ich eine Liste mit Filmgenres bei Wikipedia durchgeschaut habe, tendiere ich zu einer Dramedy-Adaption.

Neues Stöckchen

Die Fragen sind modifiziert.
1. Welche Rollenspielregel bzw. -Mechanismus hat Dein Rollenspiel am meisten geprägt?
2. Wenn Du Dein erstes Rollenspiel heute noch spielst oder vor Kurzem noch gespielt hast, was hat sich für Dich im Umgang mit dem Setting geändert? Warum spielst Du es heute gegebenenfalls nicht mehr?
3. Was vermisst du heute am Rollenspiel, was in den ersten Jahren Deiner Rollenspielkarriere noch viel besser war?
4. Welche Settings sind im deutschsprachigen Raum Deiner Ansicht nach unterrepräsentiert und warum sollte es mehr davon geben?
5. Wenn Dein Spielstil/Spielleiterstil ein Tier wäre: welches und warum?
6. Dein Charakter verstirbt nach einem epischen Kampf? Wie besingen ihn die Barden?
7. Welche Art Charakter würdest Du niemals spielen? Warum?
8. Welches ist Dein Lieblingswürfel und warum?
9. In welchem Rollenspiel-Universum würdest Du am liebsten ein paar Monate Urlaub machen, wenn man Dir dein Überleben garantiert?
10. Eine Rollenspieladaption Deines Lebens: welches Genre hätte sie?

Bildnachweis
Flickr: bby, Fondue enchaînée (Lizenz: CC BY-NC 2.0)

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4 Gedanken zu „Naivität, Schurken und Dramedy: Blogstöckchen

  1. Ich habe zwar nur überflogen, aber ich vermute seinen eigenen Stil als episch zu bezeichnen zeugt von einer gesunden Portion Größenwahn. ^^ Immer wenn ich auf deinen Blog schaue stelle ich fest, dass du so produktiv warst und ich nur so schlampig produktiv im Vergleich. :)

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