Stell Dir vor, Du strandest auf einer einsamen Insel. Auf dieser Insel leben liebenswürdigen, überwiegend schrulligen Bewohner. Die Wellen umspülen Dich und die Sonne scheint auf Dich herab, während Du auf die Rettung wartest. Es hätte schlimmer kommen können, oder?
Es kommt schlimmer. Du bist auf Puerto Patida gestrandet. Dort lebt der Gourmet-Kannibale Jacques Gusto, dem es verboten ist, die Bewohner der Insel zu zubereiten. Deshalb hat er sich auf Gestrandete wie Dich verlegt, die ohnehin viel besser durchgesalzen sind. Gleichzeitig stellt Dir der Spielleiter knifflige Fragen, die den Zeitdruck auch nicht besser machen…
Mit den üblichen, deutschen Rollenspiel-Podcasts werde ich nicht warm. Der recht junge Rätselrollenspiel-Podcast Puerto Patida bietet zwar keinen theoretischen Input, aber ein charmantisch Mitmach-Rollenspiel von Johannes aka ohneQ. (Auch bekannt mit dem Podcast Der will doch nur Spielen.)
Worum es geht
Puerto Patida ist ein interaktives Format, bei dem in jeder Folge ein anderer Hörer die Rolle eines Gestrandeten übernimmt. Um nicht von dem Kannibalen Jacques Gusto gefressen zu werden, muss er sich von der Insel im Bermudadreieck nach Hause teleportieren oder Bürger der Insel werden.
Dafür muss er drei Einwohner der Insel finden, die Hinweise auf den Code des Eingabepanels im Leuchtturm der Insel haben. Mit diesem wird wahlweise der Ausweisdrucker oder der Teleport aktiviert. Die Folgen sind jeweils eine 1on1-Rollenspielsitzung von ca. 45-60 Minuten.
Etwas Drumherum
Bisher gibt es 16 Folgen des Podcasts mit 16 verschiedenen Mitspielern. Um mitzuspielen, muss man ein Rätsel lösen, das am Ende der Folge gestellt wird. Unter den richtigen Einsendungen wird die Teilnahme verlost. Eine Ausnahme davon bilden die Live-Events, bei denen ein Teilnehmer aus dem Publikum gewählt wird. Eine Besonderheit sind die Episoden 14 und 15, die eine Doppelfolge mit zwei Spielern bilden, die eine gemeinsame Handlung erzählen.
Ein besonderer Anreiz Bürger der Insel zu werden, ist für die Spieler die Möglichkeit, dass sein Charakter anschließend fester Bestandteil der Insel wird. Er taucht dann gelegentlich in späteren Folgen auf, stellt eingesprochene Rätselfragen und trägt vor allen Dingen zum Flair der wachsenden und lebenden Insel bei.
Das Team
Der Podcast lebt natürlich von seinen Kandidaten, die Lust darauf haben, Puerto Patida zu spielen und einem guten Spielleiter. Genauso wichtig ist aber das Team, an das mich OhneQ erinnert hat, das ihm steht und regelmäßig zu den Folgen beiträgt.
Jede Folge hat beispielsweise ein individuelles Coverbild. Für die Illustrationen des Podcasts sind Julia und Michaela verantwortlich. Die Cover transportieren das Flair oder besondere Situationen der Folgen, erreichen aber nicht das Niveau professioneller Illustrationen. Für einen Hobbypodcast wie diesen passt das gut. (Trivia am Rande: Auch Künstlerin Sarah Burrini vom Webcomic Das Leben ist kein Ponyhof hat das Coverbild von Episode 7 „gespendet“. Als RSS-Feed-Abonnent des Comics finde ich, spricht das für sich.)
Damit das ganze nicht nur schön aussieht, sondern auch gut klingt, sprechen neben den ehemaligen Kandidaten auch Stefan und Malik zahlreiche Rollen der Inselbewohnern und Schildtexte ein. Zusammen mit Soundboard, einer wachsenden Auswahl an Toneffekten und ihrem Einsatz klingt das ganze auch nach Insel und Leben. Auf Twitter zeigen sich auch einige Hörer als Fan, sei es dem charakteristischen Pfeifen des Kannibalen oder dem Quietschen der Gasthaustür.
Weil Puerto Patida ein Rollenspiel ist, benötigt jede Folge einen Plot (bzw. Abenteuer). Damit OhneQ kein OhneP(lot) wird, gibt es auch hier zwei fleißige Teamkollegen, Lars und Kai, die Plots beisteuern. Dabei merkt man auch, wie das Team dabei Erfahrungen sammelt und sich experimentierfreudig zeigt.
Was dafür spricht
Ich mag den Podcast sehr gerne, ein paar Gründe habe ich schon angedeutet. Dazu gehört die liebevoll gestalteten Charakteren mit ihren Schrullen, die gelegentlich die Qualität von Nebencharakteren auf Monkey Island oder im Wunderland von Simon the Sorcerer erreichen. (Okey, jedenfalls begeistern mich manche genauso.)
Die Rätsel sind überwiegend mathematischen Kopfnüsse, Denksportaufgaben und Fangfragen, denen sich die Kandidaten stellen müssen. Ich rätsele gerne mit und freue mich immer, wenn ich schneller bin als die Kandidaten. (Ein wenig unfair, weil die Kandidaten manchmal ganz schön in Streß verfallen und es deshalb schwerer haben als ich. Ich stelle mir immer vor, wie ich stressbedingt selbst versagen würde.)
Die ersten Folgen sind noch etwas holprig auf Seite der Mitspieler und eher einfacher gestrickt. Sowohl Plot, Nichtspielercharaktere und die Spielwelt. Dabei lässt sich ein spannender, schneller Wandel beobachten. Die Spielwelt erblüht und das Team findet immer mehr heraus, was für sie und die Hörer klappt und was nicht. Dabei gefällt mir das Gefühl, der Insel und dem Spiel beim Wachsen und Reifen zu zuhören und die Running Gags lieben (und vermissen) zu lernen.
Auch bei den Kandidaten ist es interessant zu beobachten, wie sie auf der einen immer sicherer werden, was sie erwartet und sich darauf einstellen. Auf der anderen Seite beeindruckt es aber auch, wie sich Rollenspieler neben Kandidaten schlagen, die nicht viel Rollenspielerfahrung zu haben scheinen.
Das in meinen Augen wichtigste zum Schluss: der Podcast ist kurzweilig und man spürt die gute Laune und den Spaß der Kandidaten und der Spielleitung richtig. Das macht die ganze Sache angenehm kurzweilig. Damit ist Puerto Patida einer der wenigen Podcasts, bei denen mein Gedanken nicht abschweifen.
Reinhören und Anmerkung
Wer reinhören möchte, muss sich nicht gleich für eine ganze Episode die Zeit nehmen. Auf der Homepage gibt es eine Sammlung von Mitschnitten, die in knapp drei Minuten ein Gefühl für den Podcast geben sowie den Intro, der gute Laune macht und deshalb auch verlinkt wird. Leider kann ich sie hier nicht einbinden.
(Kleiner Bonus: die Rätsel sind in der Regel in kleine Geschichten verpackt. Das heißt, dass man sie als Spielleiter auch gut für die eigene Runden adaptieren kann. Puerto Patida von Johannes „ohneQ“ Wolf ist lizenziert unter einer Creative Commons Namensnennung-Nicht kommerziell 4.0 International Lizenz.)
Puerto Patida sozial (im Netz)
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Bildnachweis
Die Bilder für diesen Beitrag sind Coverbilder von einzelnen Episoden von Puerto Patida und wurden mir von OhneQ für diesen Beitrag zur Verfügung gestellt. Die Bilder stammen von Julia und Michaela (und Sarah Burrini).
Disclaimer
Ich mag den Podcast wirklich. Wie für jeden anderen Beitrag bekomme ich für diesen Beitrag kein Geld, keine Freiexemplare von irgendetwas und nur wenn ich Glück habe ein Zeichen der Anerkennung in Form von Likes, Shares oder ähnlichem.
Wenn sich positive bis schwärmerische Rezensionen auf diesem Blog unnatürlich häufen, liegt das daran, dass ich mit vielem beschäftige, von einem großen Teil davon angetan bin und in diesen Blog und jeden Beitrag viel Freizeit und Energie stecke. Letztere beiden verschwende ich nicht gerne mit Dingen, die ich schlecht oder langweilig finde.
Dieser Beitrag wurde OhneQ von Puerto Patida zur Vorablektüre und Kenntnisnahme vorgelegt, um ihm eine Stellungnahme zu ermöglichen, sollte er sich oder seinen Podcast inhaltlich falsch dargestellt oder ungerechtfertigt kritisiert finden. Die Stellungnahme wurde berücksichtigt und alle darauf basierenden Änderungen eigens gekennzeichnet und der Originalversion wörtlich und inhaltlich unverändert gegenübergestellt.
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