[RSPKarneval] Der Dezember wird verregelt: ad-hoc oder buchwörtlich

Neuer Monat, neuer Karneval der Rollenspielblogs: das Jahr neigt sich seinem Ende entgegen und es wird kalt. Das ist eine gute Gelegenheit, sich zurückzuziehen, warm einzukuscheln und einen Beitrag für den Dezemberkarneval zu schreiben. Dieser steht unter dem Thema „RPG Regeln by the book oder ad-hoc verregeln?“, das ursprünglich von BoyScout vorgeschlagen wurde.

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Das Thema ist in meinen Augen spannend, obwohl ich mich parteiisch auf die Seite de s Ad-hoc-Regelns stellen und inflationäres Handwedeln verteidigen würde. Natürlich liegt der Gedanke nahe, sich Gedanken über die Rolle des Handwedelns zu machen, also den Ad-hoc-Regeln. Ist das überhaupt sinnvoll und legitim? Oder einfach nur ein anmaßender Zweifel an die Fähigkeiten der Autoren?

Wer ad-hoc verregelt, spielt nicht das vorgesehene Spiel!

Chancen und Erwartung

Für mich ist es ein Kompromiss zwischen den Regeln, die ich durchaus wünsche und dem Bedürfnis, mir möglichst wenig Gedanken über die Regeln machen zu müssen. Besonders in epischen Situationen oder wenn das Fachgebiet eines Charakters relevant wird, habe ich als Spielleiter das Gefühl, dass ad-hoc vereinfachte Regeln oft dazu beigetragen haben, die Kompetenz der Charaktere zu unterstreichen.

Dementsprechend positiv wurde es meinem Eindruck nach wahrgenommen, den eigenen Charakteren zu ihren heroischen Erfolgen zujubeln zu können. Aber wirft das nicht die Balance der Regeln über den Haufen? Spielen wir überhaupt noch das vorgesehene Spiel? Schließlich sollte sich in den Regeln auch das vorgesehene Powerlevel der Charaktere widerspiegeln, dass durch solche Zugeständnisse ruiniert wird.

Einmal gehandwedelt, immer verregelt?

Fairness und Beständigkeit

Flickr: Robert Cheaib, Te present is Eternity (Lizenz: CC BY 2.0)Andererseits bringen viele der Platzhirsche in Deutschland ein umfangreiches Regelwerk mit, das von zahlreichen Zusatzbänden ergänzt, ausgebaut und vertieft wird. Jede Regel auswendig zu lernen, leistet nicht jeder. Manchen fehlt die Zeit, anderen die Lust dazu (und mir meistens beides). Wenn dann am Spieltisch Unklarheiten auftauchen, was macht man? (Vor allen Dingen, wenn man meistens Spielleiter ist, wie ich?)

Lieber das Spiel unterbrechen und in den Regeln nachschlagen oder doch pragmatisches Hausregeln? Und wenn einmal eine Hausregel angewandt wurde, sollte man die Regeln aus dem Buch nachschlagen und nachreichen? Was wäre, wenn die Sitzung nach dem Buch ganz anders als mit den spontanem Verfahren verlaufen und sich ein Spieler (unbewusst) einen nicht regelkonformen Vorteil verschafft hat? Wäre es nicht unfair, wenn anderen Spielern in der nächsten Sitzung diese Vorteile nach dem Buch verregelt sind?

Eure Feinde können alles, Eure Charaktere nicht!

NSCs, Feinde und ihre Fähigkeiten

Und wenn wir schon bei Fairness sind, müsste ich meine eigene Praxis kritisch hinterfragen. Statt Regeln für die korrekte Erschaffung von NSC und Monstergegnern oder die Einträge im Bestiarium des jeweiligen Regelwerks improvisiere ich lieber Werte, wenn sie benötigt werden. Wenn ich davon ausgehe, was der jeweilige Charakter unter- oder überdurchschnittlich bzw. eben durchschnittlich kann, kann es durchaus passieren, dass gelegentlich gleiche Fertigkeiten verschieden gewürfelt oder eine zu hohes Gesamtniveau angenommen wird. Ist das noch fair?

Flickr: Eddie van W., the magician (Lizenz: CC BY-ND 2.0)Besonders bei Magiern und ihren Zaubern neige ich zum Handwedeln. Schließlich spiele ich selbst keine Magier, um mich nicht mit den Einzelregeln für Magie herumzuschlagen. Warum also NSCs bevorzugen, in denen weniger „Liebe“ steckt?

Während Systeme wie Savage Worlds das sogar vorsehen, verschiedene Talente und Eigenschaften unabhängig von den regulären Voraussetzungen zu vergeben, bieten andere Systeme explizit „Baukästen“ für Monster und NSCs an. Ist es in dem einen Fall legitim, Gegner irgendwie ad-hoc zu verregeln und ihnen teilweise Sonderfähigkeiten zu geben und in dem anderen Fall nicht? Oder ist das ein No-Go für beide Fälle? Oder müssen Sonderfähigkeiten, wie individuelle Zauber, aufgegeben werden, während andere Fälle, wie die Höhe bestehender Eigenschaften legitim „geschätzt“ werden darf?

Plaudern aus dem Nähkästchen: Ad-hoc-Regeln und der Umgang mit ihnen

Praxistipps, Ad-hoc-Regelsammlungen und Notwehr

Und wie sieht Eure Praxis aus? Regeln wie im Buch oder doch lieber ad-hoc lösen? Unter welchen Voraussetzungen und wie werden ad-hoc verregelte Sachen festgehalten und eingeführt? Habt ihr eine Hausregelsammlung oder mündliche Absprachen? Verwendet ihr vielleicht sogar originelle Tools, um Ad-hoc-Regeln festzuhalten? Was sind Eure Lieblingsregeln, die ursprünglich als spontane Lösung am Tisch entstanden sind?

Manchmal sind Ad-hoc-Regeln weder pragmatisch noch aus Faulheit entstanden, sondern reine Notwehr gegen scheinbar unmögliche Regeln im Buch, deren Anwendung noch bescheuerter wäre, als die Regel es bereits sind. Habt ihr schon solche Fälle am Spieltisch erlebt, in denen sich Regeln als absurd herausgestellt haben? Und wie seid ihr damit umgegangen? Welche Hausregeln gehören fest in Euren persönlichen Regelkanon?

In eine ähnliche Kerbe schlägt zum Abschluss die Frage, ob ad-hoc geschaffene Regeln nicht manchmal notwendig sind. Gibt es nicht gelegentlich Fälle, in denen die Spieler Dinge machen wollen, für die es scheinbar keine Regeln gibt? Oder sollte man im Zweifel den Autoren vertrauen, dass alles seine Ordnung hat und darauf verzichten, in den Regeln herumzupfuschen?

Der Karneval der Rollenspielblogs im Dezember 2015 ist eröffnet!

Von der Teilnahme und dem Überblick

Nun hoffe ich, dass ich einige Fragen aufgeworfen habe, die zu einer Teilnahme inspirieren. Sicherlich gibt es genügend Blogger, die noch weitere Ideen für einen Beitrag haben, auf die ich selbst nicht gekommen wäre.

Wie für den Karneval der Rollenspielblogs üblich, ist eine Teilnahme denkbar einfach. Einfach einen Blogpost veröffentlichen und entweder in den Kommentaren oder im Orga-Thread im RSP-Blogs-Forum einen Link hinterlassen. Ich sammle die Beiträge unten.

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Wer gerne etwas schreiben möchte, aber keinen geeigneten Blog hat, der kann mir gerne seinen Beitrag schicken. Auf der Unterseite Kontakt gibt es einige Kontaktmöglichkeiten. Alle Gastbeiträge werden natürlich als solche gekennzeichnet, der Autor möglichst nach eigenen Wünschen verlinkt, die Texte lektoriert und geeignete Bilder für den Beitrag herausgesucht. Wer etwas zu sagen hat, sollte also eine Möglichkeit haben.

Allen auf jeden Fall einen schönen Dezember.

Bisherige Beiträge:

  • 01.12.15: Sal hat auf w6 vs. w12 den Karneval der Rollenspielblogs im Dezember eröffnet. In seinem Beitrag stellt er einige Fragen und ruft zur Teilnahme auf. Wie seht ihr die Frage: Regeln wie sie im Buch stehen verwenden oder doch lieber ad-hoc verregeln? (Beispiel)
  • 04.12.15: Der Narr hat auf Bunt ist das Rollenspiel den ersten Beitrag des Dezemberkarnevals veröffentlicht. Darin greift er 10.000 Orks auf, die Rollenspielregeln als Notwendigkeit verteidigen, weil sie Verlässlichkeit und Schutz gegen die Allmachtfantasien mancher Spielleiter bieten. In der anschließenden Argumentation relativiert Der Narr diese Position, weil er die Ansicht vertritt, dass Rollenspiel ohne ad hoc entworfenen Regeln und Regelungen nicht funktioniert. Allerdings merkt er im Vorfeld bereits an, dass es dabei nicht um konträre Positionen geht, von denen eine falsch, die andere richtig ist, sondern um Spielstile bei denen jeder seinen Weg finden muss.
  • 08.12.15: Falk schreibt auf hoch ist gut zu seinem Themenvorschlag, erinnert sich aber kaum, warum er es überhaupt vorgeschlagen hat. In seinen Augen erscheint es einfach absurd, ein Rollenspiel by the book spielen zu wollen, weil entweder Situationen ungeregelt bleiben oder wünschenswerte Charakterhandlungen verboten werden müssten.
  • 08.12.15: Aus den Schatten tritt die Ansicht, dass das Grundregelwerk und Ergänzungsbände das Grundgerüst der Regeln vorgeben, aber Regeln ad-hoc einen notwendigen Feinschliff geben. Das Ganze präsentiert sich in einer wunderbaren Formel.
  • 08.12.15: Bei Rumgecrawle vermeidet mofte die theoretische Diskussion und präsentiert fünf interessante Ansätze für Hausregeln für das DCC RPG, die auch ohne DCC Hintergrund einiges hermachen.
  • 14.12.15: Das Orakel von Tilting my World ist der Ansicht, dass ein kleiner, unscheinbarer Messerjockel mit rostigem Obstschälmesser eine gute Rechtfertigung sein kann, zugunsten des Orkbarbaren Grughbärgh an den Regeln zu schrauben. Das Ganze ist ein Beispiel für ähnliche Ausführungen des Orakels auf einer abstrakteren Ebene.
  • 16.12.15: Hróðvitnir erklärt in seinem Blog Tagschatten, warum es seiner Ansicht nach falsch ist, Spontanregelung und Handwedelei unter einem Ad-hoc-Label zusammenzufassen. Der Beitrag ist auf den Punkt gebracht und klärt auch gleich, wie das Ganze mit Regelbrüchen und Instabilität zusammenhängt.
  • 25.12.15: Bei d6ideas fällt die Ideensuche für einen Karnevalsbeitrag schwer, weil man die Metadiskussion meiden möchte und Hausregeln bzw. allgemeines Spielmaterial ohnehin ihr Hauptthema sind.
  • 27.12.15: Falk hat einige Diskussionen in der Community angestoßen und auf hoch ist gut zusammengefasst. Dabei stellt er zwei Modelle gegenüber, wie Regeln etabliert werden, erklärt, wie diese funktionieren und welche Rollenspiele welchen Modellen eher zugehören. Als Community-Zusammenfassung dürfen die vielfältigen Äußerungen und Zitate natürlich nicht fehlen. Der Beitrag ist sehr ausführlich, aber lesenswert.
  • 29.12.15: Ich habe auf w6 vs. w12 versucht, für ein strenges by the book im einem etwas erweiterten Sinne zu plädieren, ohne auf Fairness und Schutz vor dem Spielleiter zu bauen. Vielleicht sind einzelne Gedanken etwas, die man herausgreifen kann, aber am Ende ist es einfach nicht mein Stil.
  • 31.12.15: In seiner ganz eigenen eloquenten und tiefsinnigen Art hält Das Goldene Kamel auf YouTube eine Grundsatzrede bei dem ein RSP-Karneval-Teilnehmer-mit-Nazis-Vergleich nicht fehlen darf. Besonders wettert er gegen das deutscheste aller deutschen Themen, nämlich dagegen, dass deutsche Rollenspieler einen Führer brauchen, der ihnen sagt wie sie spielen dürfen – eine Position, die während des Karnevals niemand unkommentiert vertreten hat.
  • 03.01.16: Auf w6 vs. w12 gibt es einen Abschlussbeitrag. Vielen Dank an alle Teilnehmer.

Bildnachweis:
Logo des Karnevals der Rollenspielblogs: darf im Rahmen des Karnevals verwendet werden. Für den Dezemberkarneval habe ich den Titel eingefügt. Das geänderte Bild kann hier heruntergeladen und genutzt werden.
Sanduhr: Flickr: Robert Cheaib, The present is Eternity (Lizenz: CC BY 2.0)
Magier auf der Klippe: Flickr: Eddie van W., the magician (Lizenz: CC BY-ND 2.0)

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4 Gedanken zu „[RSPKarneval] Der Dezember wird verregelt: ad-hoc oder buchwörtlich

  1. Wir hatten bei Shadowrun eine Hausregel: Es gibt keine Granaten. Die Argumentation war einfach: Granaten sind so tödlich, dass wenn die NSCs sie nutzen ihr alle tot seid. Wenn ihr sie nutzt, dann nutzen die NSCs sie auch.

    Ergebnis: Niemand hatte Granaten ☺

    Ansonsten neige ich zu schnellen Regeln, die nachträglich korrigiert werden können. Entweder wird dann noch eine In-Play Erklärung gesucht, warum das nur in dieser Situation geklappt hat. Oder die Regel gefällt uns so gut, dass sie verallgemeinert wird.

    Gefällt 1 Person

  2. Pingback: [RSP Karneval] Hausregeln | Rumgecrawle

  3. Pingback: RSP-Karneval: Alles geregelt ?!? | Aus den Schatten

  4. Pingback: By the book, ad hoc und Hausregeln (Karneval der Rollenspielblogs) « RPGnosis

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