[Teil 1/3] Gebote des perfekten Spielers

Flickr: Giampaolo Macorig: Looking for god? (Lizenz: CC-BY-NC-ND 2.0)Ich sehe einen idealen Spieler vor mir und jeder könnte dieser Spieler sein. Dazu muss ein geneigter Spieler lediglich zwölf einfache Gebote befolgen, um der ultimative Spieler Perfekt zu werden. (Gott hat Moses 10 Gebote diktiert, aber weil ich als Spielleiter in der Lage bin, den Charakteren Götter entgegen zu schleudern, finde ich mich viel mächtiger als einen Gott.)

Warnung: Nachfolgender Text handelt von perfekten Spielern aus Sicht eines Spielleiters, der meine Ansichten und meine Vorlieben beim Rollenspiel teilt. Für andere mag er Inspiration oder Ärgernis sein. Die Sicht der Mitspieler untereinander wird nicht berücksichtigt, ebenso wenig die Sicht eines Spielers auf den Spielleiter. Das ist Stoff für andere Gebotstafeln. Zu weiteren Risiken und Nebenwirkungen des Textes erschlagen Sie einen Drachen oder lesen Sie einen anderen Blog. Im ersten Teil der Reihe gehe ich auf die vier Gebote der Organisation, der Vorbereitung und des Fundaments einer perfekten Runde ein.

Die Liste der Gebote:

I. Tafel: Organisation und Einstellung

  • Du sollst ein Mitorganisator sein
  • Du sollst keine (geheimen) Tabus haben
  • Du sollst mit mir reden
  • Du sollst dich auf meine Runde einlassen wollen

II. Tafel: Dein Charakter und seine Erschaffung

  • Du sollst keinen Helden erschaffen
  • Du sollst keine Abhandlungen über deinen Charakter schreiben
  • Du sollst deine Vor- und Nachteile definieren
  • Du sollst deinen Charakter mehr als Werte geben

III. Tafel: Dein Verhalten im Spiel

  • Du sollst die Welt beleben
  • Du sollst die Regeln irgendwann einmal kennen
  • Du sollst mit deinem Charakter Dinge tun
  • Du sollst den Regel- und Quellenbüchern nicht vertrauen


 

Die Tafel Eins

Du sollst Mitorganisieren

Es ist nicht selbstverständlich, dass ich jede Sitzung vorbereite, jeden Termin plane und im Blick behälte, alle Regeln lerne und auch während der Sitzung Ordnung halte, die möglicherweise sogar noch bei mir stattfindet, sodass ich hinterher aufräumen muss. Ich stecke einige Arbeit hinein, um dir eine schöne Runde zu bieten und du sollst das nicht als selbstverständlich annehmen.

Bereits ein paar Minimalregeln zeigen, dass du mich respektierst:

  • Wenn wir einen Doodle benutzen, dann trage dich zeitnah ein und halte deine Daten halbwegs aktuell.
  • Wenn du dich verspätest, dann sag Bescheid. Eine kurze SMS reicht, damit ich weiß, dass du noch kommst.
  • Wenn dir etwas dazwischen kommt, sag so schnell wie möglich Bescheid, damit ich umplanen kann.

Wenn du dich nicht einmal daran hältst, dann bist du lediglich ein Arschloch. Du signalisierst damit, dass du es in Ordnung findest, wie einen unbezahlten Dienstleister, gemeinhin Sklave, zu behandeln. Offensichtlich respektierst du weder mich noch meine Freizeit.

Ich verspreche, ich habe immer Verständnis dafür, wenn das echte Leben vorgeht, wenn ich deinen guten Wille spüre, uns zu respektieren.

Tipp: Erledige Dinge sofort, wenn du Zeit hast oder notiere sie dir gut. Doodle sind schnell vergessen, wenn man sie nicht gleich ausfüllt. Eine SMS muss nicht lang sein, denn deine Verspätung kannst du auch begründen, wenn du endlich da bist. Angst zeigen lohnt sich nicht. Wir haben im Grunde alle Verständnis dafür, dass Dinge dazwischenkommen können.

Du sollst keine (geheimen) Tabus haben

Dilemmata im Rollenspiel sind toll. Sie fordern den Charakter und seine Überzeugungen mehr heraus als bloßes Antagonisten prügeln. Das bedeutet, dass du dich manchmal zwischen Pest und Cholera entscheiden musst und beide Möglichkeiten verwerflich sein können. Genauso sind Beziehungen und Liebe toll, weil sie einen Charakter besser als bloße Zahlen definieren können.

Ich spiele keine sexuellen Handlungen aus, aber ich werfe dir gerne einen ganzen Sack Dreck vor, mit dem du dich herumärgern darfst. Es stört mich, wenn du plötzlich still und leise wirst und nichts mehr sagst, weil du dich dabei unwohl fühlst. Teile mir deine Tabus mit, bevor wir anfangen, damit ich dir und mir nicht versehentlich den Abend damit ruiniere.

Ich verspreche, ich respektiere deine Tabus und werde sie im Spiel berücksichtigen, aber du musst sie mir vorher mitteilen.

Tipp: Es gibt viele Kommunikationswege, um mich zu erreichen. Frage notfalls einfach nach meinen Kontaktdaten. Egal ob Mail, Skype, über Foren, per Handy oder persönlich. Frage mich einfach und wähle das Mittel, das dir am besten passt.

Du sollst mit mir reden

Wenn du ein Freund des gepflegten Rollenspiels bist, heißt das nicht, dass wir beide das gleiche spielen. Es gibt viele Arten, wie man beim Pen&Paper Spaß haben kann, aber sie alle haben eine Sache gemeinsam: man redet miteinander. Deshalb sollst du dich einbringen, mit reden und mit uns eine Geschichte erzählen.

Du sollst den Dialog aber nicht auf den Tisch begrenzen. Rede auch abseits unserer Rollenspielsitzung mit uns. Sage uns, wenn dir etwas nicht gefällt. Gibt konstruktive Kritik ab, damit wir darüber reden und uns sogar verbessern können. Du sollst und kannst nicht erwarten, dass wir deine Gedanken bereits kennen, ehe du sie ausgesprochen hast.

Ich verspreche, ich höre dir zu und nehme deine Aussagen ernst. Wenn es Probleme am Tisch gibt, setze ich mich dafür ein, sie zu lösen.

Tipp: Es gibt zahlreiche Kommunikationskanäle, über die du mich erreichen kannst. Facebook, Foren, Skype, Google-Hangout, E-Mail, Handy … Suche dir je nach Anlass den liebsten Kanal aus und frage mich gegebenenfalls nach den Kontaktadressen, sofern du sie noch nicht hast. Dinge in sich hineinzufressen ist keine Lösung und alles, was ich nicht höre, kann ich auch nicht berücksichtigen.

Du sollst dich auf meine Runde einlassen wollen

Es gibt viele Arten, Rollenspiel zu spielen und sie sind alle legitim. Wenn du mich als Spielleiter schrecklich findest, willst du vielleicht eine andere Weise des Rollenspiels spielen. Du verdirbst mit den Spaß an der Runde, wenn du eine inkompatible Weise des Rollenspiels in meiner Runde durchsetzen willst. Entweder du lässt dich auf die Runde ein oder du gehst wieder, aber wenn du die Runde störst, weil sie dir nicht gefällt, bist du einfach nur ein Arschloch.

Ich verspreche, ich versuche auf deine Wünsche einzugehen, wenn du sie mir mitteilst, aber ich werde wegen dir nicht meinen Stil ändern.

Tipp: Auch hier gilt: sprich mit mir. Ich kann darauf achten, dass es auch für dich die Möglichkeit gibt, Spaß in meiner Runde zu haben. Allerdings kann es sein, dass wir einfach rollenspieltechnisch nicht zusammenpassen. Dann suche dir eine neue Runde. Dafür sind dir am Ende alle dankbar, die keinen mit dir kompatiblen Spielstil pflegen und in meiner Runde Spaß haben. Das heißt nicht, dass wir dich auf persönlicher Ebene nicht mögen können.

Anmerkungen:
Beitragsbild: Flickr: Giampaolo Macorig: Looking for god? (Lizenz: CC-BY-NC-ND 2.0)
In eigener Sache: Wenn dir mein Blog gefällt, folge mir auf Twitter und tritt mit mir in Kontakt oder beteilige dich an #gp1t.

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2 Gedanken zu „[Teil 1/3] Gebote des perfekten Spielers

  1. Grundsätzlich stehe ich nicht so auf Besser-Rollenspieler-Diskussionen. Jeder spielt anders und legt Wert auf andere Dinge und das ist – in meinen Augen – auch gut so. Dennoch gibt es
    ein paar beinahe universelle Rollnspiel-Umgangsformen, die sicher nicht schaden, wenn man/frau sie kennt. Inwieweit sie zu befolgen sind, steht auf einem ganz anderen Blatt.

    Kennst Du im Übrigen „11 ways to be a better roleplayer“?
    http://lookrobot.co.uk/2013/06/20/11-ways-to-be-a-better-roleplayer/
    Geht in eine ähnliche Richtung wie Dein Artikel.

    PS: „Du sollst den Regel- und Quellenbüchern nicht vertrauen“
    Das oftmals „sklavische“ Festhalten an irgendwelchen Vorgaben in Büchern empfinde ich in der Tat ebenfalls oft als enervierend. Ein Axiom könnte lauten: Spielfluss vor Regel-/Settingmeierei, aber das sehen sicherlich viele „gerechte Rollenspieler“ anders.

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    • Hallo Ingo,

      tatsächlich ist es auch gar nicht Ziel des Artikels, eine Diskussion darüber zu führen, wie man „richtig(TM)“ Rollenspiele spielt. Ich hoffe, dass wird mit folgendem Zitat klar, dass es sich um meine Sicht handelt:
      „Nachfolgender Text handelt von perfekten Spielern aus Sicht eines Spielleiters, der meine Ansichten und meine Vorlieben beim Rollenspiel teilt. Für andere mag er Inspiration oder Ärgernis sein.“

      Ich denke, dass die „Erste Tafel“ auch deutlich universeller ist, als nachfolgende Tafeln. Das wird vermutlich bei „Du sollst den Regel- und Quellenbüchern nicht vertrauen“ klar. Das Gebot geht in die Richtung, die du auch vermutest: es geht darum, den Spielfluss und die Story über die Regeln und das vorgegebene Setting zu stellen. Insbesondere Letzteres sollte manipulierbar bleiben, um das Setting an die eigene Runde anzupassen und besonders Spielern noch Überraschungen zu bieten, die sämtliche Quellenbücher (möglicherweise sogar besser als der Spielleiter) auswendig kennen. Darin werden mir allerdings ebenso wie du andeutest, nur diejenigen zustimmen, die an das Hobby ähnliche Rollenspiele stellen, wie ich es tue.

      Die “11 ways to be a better role-player” kenne ich bereits. Trotzdem vielen Dank für das Verlinken. Tatsächlich habe ich die Headlines sogar einmal ausgedruckt und als Außenseite meines selbstgebastelten Universalspielleiterschirms verwendet. : )

      Beste Grüße
      Sal

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