Dieser Beitrag gehört zu einer kurzen Reihe, in der ich das Abenteuer Kreuzfahrt zwischen den Welten vorbereite, das ich im November auf dem Münchner Rollenspieltreffen leiten möchte. Ziel der Reihe ist es, Anfängern einen Einblick zu geben, wie man vorgehen könnte und vielleicht selbst Tipps von Spielleitern zu bekommen. Die Reihe enthält alle möglichen Spoiler. Interessenten an dieser Runde sollten die Reihe erst nachträglich lesen, wenn sie sich hierher verirren. Bisher waren meine Spieler meist mit meinen Runden zufrieden, das heißt nicht, dass man die Vorbereitung nicht auch anders angehen kann.
In diesem Teil der Abenteuerwerkstatt geht es darum Charaktere für das Oneshot zu skizzieren. Es folgen ein paar einleitende Worte zum Handlungsaufhänger und dem verbindenden Element der Charaktere, die den Spielern zu Beginn der Runde nicht bewusst sein sollen. Daher werde ich ihnen nur eine Kurzbeschreibung des Charakters und seiner Fähigkeiten geben. Im Laufe der Handlungen sollen sie erkennen, was sie verbindet.
Der Abenteueraufhänger hat in meinem Kopf recht deutlich Gestalt angenommen. Die Charaktere sind alle in verschiedenen Weisen zurückgewiesen worden oder sozial gescheitert. Die Schuld suchen sie nicht bei sich und sind daher für Einflüsterungen anfällig geworden,
Über das Internet sind sie daher auf NightBlade13 gestoßen, der ihr Vertrauen gewonnen hat. Dieses hat er genutzt, um sie zu einem Ritual auf einem Kreuzfahrtschiff zu überreden. Er selbst strebt dadurch nach Macht, lässt aber die Charaktere glauben, ihnen Genugtuung zu verschaffen.
Das Ritual hatte aber einen unerwarteten Effekt. Die Charaktere hängen nun ohne Erinnerung an das Ritual und den Okkultisten in der Zwischenwelt fest. In der Nähe des Schiffs erhebt sich aus dem Meer ein gewaltiger Dämon aus dem Meer, der sich an den Seelen der Passagiere laben will. Sein Erheben erzeugt einen gewaltigen Sog, in dem das Schiff bereits gefangen ist. Es ist nur eine Frage der Zeit, ehe das Schiff verschlungen wird und die Passagiere einschließlich der Charaktere verloren sind.
Für die Charaktere sollen nur An was du dich erinnerst und die Fähigkeiten festgelegt werden. Die Erinnerung umfasst die Eckdaten ihres Lebens und die Art der Enttäuschung, die sie erfahren haben. Da es außerhalb der Gruppe nur wenig soziale Interaktion gibt, verzichte ich darauf, einen sozialen Charakter zur Verfügung zu stellen. An dieser Stelle sollen vier Charaktere vorbereitet werden, da zwei der Spieler bereits einen eigenen Charakter angekündigt haben, sodass bei den geplanten bis zu fünf Spielern ein Ersatzcharakter übrig bleibt.
Die Zwischenweltfähigkeit hat drei Stufen. Diese entsprechen den drei Stufen, die für Wahnsinnsfähigkeiten in RDNA vorgeschlagen werden. Das Schema, nachdem sie gestaltet sind ist gleich. Auf der ersten Stufe bringt sie einen Vorteil für den Charakter, auf der zweiten für seine Gruppe, während sich die dritte Fähigkeit unmittelbar auf potentielle Feinde und Gefahren bezieht.
Mit Faust und Rausch – Maxim Ivanowitsch Komarow
Maxim ist der klassische Schlägertyp. Bereits während seiner Schulzeit wurde er ausgegrenzt und als Reden nicht mehr half, half er sich mit Gewalt. Mit den falschen Freunden folge schnell eine kriminelle Karriere. Seine Versuche auszusteigen scheiterten. Seine alten Freunde wollten ihn nicht gehen lassen und wegen seiner Vorstrafen begegnete er überall Vorurteilen und Ablehnung.
Als Schläger hilft ihn seine Stressfähigkeit, wenn er mit Fäusten oder improvisierten Prügeln kämpft. Damit deckt er vermutlich den Nahkampf gut ab, sollten es die Spieler auf einen Kampf ankommen lassen wollen.
Seine Zwischenweltfähigkeit basiert auf seiner kriminellen Vergangenheit mit Drogen. Mit seiner Fähigkeit kann er Rauschzustände auslösen, die ihm und anderen Vor- oder Nachteile verschaffen können. Auf der ersten Stufe kann er selbst seine eigene Wahrnehmung manipulieren. Auf der ersten Stufe der Fähigkeit verbessert er seine Sinne und körperlichen Fähigkeiten, die eine verfälschte Wahrnehmung des eigenen Körpers im Rausch in die Wirklichkeit der Zwischenwelt übertragen. Stufe zwei erlaubt solche Effekte auch für seine Begleiter, während er auf der dritten Stufe Albzustände, abgestumpfte Sinne und ähnliches hervorrufen kann.
Gottes Schutz und Heilung – Bruder Elija
Bruder Elija hatte einen weltlichen Hintergrund. Eine Stelle bei der Bank, eine Frau und ein Sohn bestimmten sein Leben. Seine Frau verstarb noch während der Kindheit seines Sohnes. Während Bruder Elija versuchte mit der neuen Situation umzugehen, veränderte sich sein Sohn nach dem Verlust der Mutter.
Während der Jugend seines Sohns bahnte sich die familiäre Katastrophe bereits an. Von der Situation überfordert, gelang es ihm aber nicht, die Eskalation zu verhindern. Streit und gegenseitiges Unverständnis prägte die Vater-Sohn-Beziehung. Nachdem sein Sohn im Streit auszog, hatte der zurückgelassene Vater keinen Kontakt mehr zu ihm.
Auch wenn er mehrmals versuchte seine Beziehung zu seinem Sohn zu retten, hatte er nur wenige Worte mit diesem gewechselt, bis ihn die Nachricht seines Todes erreichte. Trost fand er bei einem alten Priester und im Glauben. Schließlich kündigte er und ging in ein Kloster. Um Frieden zu finden, konzentrierte er sich fest auf das Klosterleben, ohne dass er den Schatten über seinem Gemüt lichten konnte.
Den innerlichen Schmerz betäubte er, indem der Schlechtigkeit der Menschen die Schuld gab. Dennoch lernte er während seines Dienst in der Alterspflege, seelischen und körperlichen Schmerz der Kranken und Alten zu lindern. Daher ist seine Stressfähigkeit, körperliches und seelische Verletzungen zu versorgen und so die Rolle eines Arztes einzunehmen.
Mit seiner Zwischenfähigkeit ist Bruder Elija, sich und seine Freunde zu schützen. Die erste Stufe schützt ihn komplett vor den Auswirkungen eines Ereignisses, wenn er sich nicht bewegt. Die zweite Stufe weitet diesen Schutzkreis auf seine Freunde aus, wenn sie in seiner Nähe bleiben. Mit der dritten Stufe kann er Gefahren sogar bannen, aber kein Leben nehmen.
Pedantische Verhandlungen mit der Wirklichkeit – Manuel Gebauer
Der Anwalt Manuel Gebauer lebte für den Sieg vor Gericht. Selbst wenn seine Mandanten geständig waren, war alles unter einer Straffreiheit für Manuel eine Niederlage. Abgeschreckt von seinen fragwürdigen Verteidigungen verlor er selbst unter seinen Kollegen alle Freunde. Seine Freundin verließ ihn ebenfalls bald darauf und Manuel lebte schließlich für die Straffreiheit seiner Mandanten. Da es ihm unmöglich schien, einen Fehler bei sich zu finden, plädierte er für sich auf unschuldig und verurteilte alle Anderen.
Manuel Gebauer hat ein hervorragendes Gedächtnis für Details, das ihm bei der Orientierung hilft. Seine Stressfähigkeit liegt in einer ausgezeichneten Orientierung. Selbst wenn er Wege nur einmal gegangen ist oder von Karten kennt, findet er in der Regel problemlos den Weg.
Die Zwischenwelt ist für Manuel Verhandlungssache. Auf der ersten Stufe seiner Fähigkeit kann er die materielle Wirklichkeit der Zwischenwelt zu seinen Gunsten verändern. Damit wird für ihn Schlüsselloch oder der Türspalt ausreichend groß, um hindurchzukriechen, während ein unüberwindbarer Spalt zu einem Schritt zusammenschmilzt. Auf der zweiten Stufe können diese Veränderung auch seine Freunde benutzen, während er auf der dritten Stufe, die Umwelt direkt gegen seine Feinde nutzen kann.
Selbstisolierung eines Bastlers – Mark Martok
Mark ist ein Hobbybastler, der Geld mit der Entwicklung von Apps in seinem Wohnzimmer verdient. Seine Freizeit nutzt er dazu, nachts einen Supercomputer in seinem Keller zu bauen. Geradezu zwanghaft muss er immer auf alles vorbereitet sein, sodass er zuhause fast alles hat, was er benötigt. Das Haus muss er daher kaum verlassen und selbst für Einkäufe bezahlt er oft andere.
In letzter Zeit dämmerte ihm jedes Mal mehr, wenn er das Haus selbst verlassen hat, dass ihn die Welt außerhalb seiner Wohnung immer mehr vergessen hat. Auch seine eigene Unbeholfenheit im sozialen Umgang steht ihm immer mehr im Weg. Er selbst ist davon überzeugt, dass die Welt rücksichtslos geworden ist. Dass er selbst den sozialen Umgang verlernt haben könnte, käme ihn kaum in den Sinn.
Mark ist ein hervorragender Bastler und weiß, wie man improvisiert. Egal ob digitales System oder mechanisches Gerät, er schafft die meisten Reparaturen. Auch mit improvisierten Werkzeug und schlechtem Material kommt er zurecht und kann Nützliches zusammenbasteln.
Die Zwischenwelt versucht ihn damit zu bestechen, stets ausgerüstet zu sein. Auf der ersten Stufe hat er Zugriff auf alles mögliche, dass irgendjemand sinnvollerweise im Alltag dabei haben könnte. Die Qualität seiner Ausrüstung schwankt aber stark und sie lässt sich nur von ihm benutzen. Auf der zweiten Stufe sind die Gegenstände exzellent oder von anderen benutzbar. Identische Gegenstände hat er auf der zweiten Stufe so oft dabei, wie er möchte. Die dritten Stufe seiner Fähigkeit rüstet ihn auch mit ungewöhnlichen Gegenständen aus. Das umfasst beispielsweise Waffen und Dinge, die normalerweise untragbar wären.
Schlussbemerkung
Das waren die Charaktere. Die Charakterbögen folgen am Ende gemeinsam mit der Zusammenschrift des Szenarios. Sollte noch jemand Anregungen, Hinweise oder Tipps haben, freue ich mich über Kommentare.
Die nächsten Teile der Reihe folgen dann hoffentlich wieder schneller. Spielercharaktere vorzufertigen scheint mir überhaupt nicht zu liegen. Das habe ich auch schon bei anderer Gelegenheit gemerkt. Vielleicht liegt darin auch eine Ursache dafür, dass ich selbst am liebsten Diebe oder Haudraufs spiele – oder einfach selbst leite.
Bisherige Beiträge dieser Reihe:
Teil I: Zur Ausgangslage und Grundidee
Teil II: Wahl des Regelhintergrunds
Teil III: Anpassung der Regeln an das Szenario