Dieser Beitrag gehört zu einer kurzen Reihe, in der ich das Abenteuer Kreuzfahrt zwischen den Welten vorbereite, das ich im November auf dem Münchner Rollenspieltreffen leiten möchte. Ziel der Reihe ist es, Anfängern einen Einblick zu geben, wie man vorgehen könnte und vielleicht selbst Tipps von Spielleitern zu bekommen. Die Reihe enthält alle möglichen Spoiler. Interessenten an dieser Runde sollten die Reihe erst nachträglich lesen, wenn sie sich hierher verirren. Bisher waren meine Spieler meist mit meinen Runden zufrieden, das heißt nicht, dass man die Vorbereitung nicht auch anders angehen kann.
Nachdem ich den Termin verschieben musste, habe ich die Reihe schleifen lassen, aber noch nicht aufgegeben. Hier also der dritte Teil, bei dem es darum geht, die Regeln von Ruh Dich nicht aus[1] vom Setting zu lösen und an das Oneshot anzupassen. Die Mechanik soll sich nicht ändern, aber der Fluff passt mir in einigen Punkten (noch) nicht.
Die Charakterfragen
Beginnen wir mit den Charakteren, die durch Fragen zu ihrem Wesen, Ziele und Ängste erschaffen werden. Ich möchte es den Spielern möglichst viel Freiheit im Charakterspiel geben, gleichzeitig aber ein paar Charaktere mitbringen, aus denen sie wählen können. Daher möchte ich mich bei den vorgefertigten Charakteren auf einen Hintergrund beschränken. Die Spieler können dann selbst entscheiden, wie sie den Hintergrund im Charakterspiel ausgestalten.
Es entfallen also die meisten Fragen. Einerseits, weil sie die Persönlichkeit des Charakters beschreiben, andererseits, weil RDNA Fragen vorgibt, die den Spielern Macht über den Plot geben. Für ein Oneshot mit engen Zeitvorgaben finde ich das unpassend. Letztlich habe ich die Fragen auf An wen du dich erinnerst zusammengestampft.
Die Frage umfasst die Lebenssituation des Charakters allgemein, ohne darauf einzugehen, wie der Charakter zu Beginn dorthin kommt, wo er aufwacht. Allerdings soll der Hintergrund auch einen Hinweis bieten. Ich denke daran, dass jeder Charakter vor den Scherben eines wenig erfolgreichen Lebens steht, wodurch sie thematisch verbunden sind. Gemeinsam haben sie sich gefunden, um sich an der Welt, der sie die Schuld an allem geben, zu rächen – irgendetwas ist allerdings dabei schiefgelaufen. Für die Spieler könnte das ein Hinweis darauf werden, was sie verbindet, wenn sie durch Tagebücher, Briefe o.ä. auf ihre Gemeinsamkeit stoßen.
Die Fähigkeiten
Damit können wir auch schon den Fähigkeiten der Charaktere kommen. In dem Szenario ist zwar Platz für das Übernatürliche, aber es soll nicht um die schlaflosen Erwachten gehen und auch nicht um Wahnsinn als Quelle des Übernatürlichen.
Stress
Aus der Erschöpfungsfähigkeit mache ich einfach eine Stressfähigkeit, das halte ich für recht universell passend. Stress belastet die Charaktere, lässt sie aber Angesichts der allgegenwärtigen Bedrohung über sich hinauswachsen. Gleichzeitig müssen sie dafür an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gehen, sodass sie schließlich einen geistigen oder körperlichen Zusammenbruch erleiden, wenn alle Stresskästchen voll sind. Diesem Zustand kommt ein Charakter mit jeder Dominanz von Stress näher, wenn er sich wieder ein wenig über den Rand seiner Kapazitäten gewagt hat.
Die Wahnsinnsfähigkeit erlaubt übernatürliche Effekte und zwingt mich an der Stelle, zu entscheiden, wie das Übernatürliche in das Szenario passen soll. Ich dachte bei dem Übernatürlichen an Seelen, die die Welt (noch) nicht verlassen können und Ähnliches. Deshalb würde ich eine Zwischenwelt zwischen Diesseits und Jenseits in das Szenario einfügen, das dem Szenario auch seinen Namen Kreuzfahrt zwischen den Welten gibt. Im Folgenden sei die Zwischenwelt als grobe Idee skizziert, die noch verfeinert werden soll.
Die Zwischenwelt
In der Zwischenwelt existieren zahlreiche Kreaturen, die in immer wieder in die gewohnte Welt eindringen, beispielsweise durch Geistererscheinungen, Déjà-vus, hinter denen sich gelegentlich doch mehr als nur eine Täuschung steckt und Ähnliches. Die Zwischenwelt ist aber nicht nur eine neue Ebene des Raums, sondern hat einen eigenen Willen, eigene Regeln und ist mit unserer Wirklichkeit verzahnt. Letzteres bedeutet, dass Zustände und Änderungen in der Wirklichkeit oder der Zwischenwelt die jeweils andere Ebene beeinflussen können.
Weiterhin giert die Zwischenwelt danach sich auszubreiten und immer mehr Wesen zu binden. Dafür verleiht sie Menschen besondere Gaben, die Zwischenweltfähigkeiten. Einerseits sind diese Menschen frei ihre Gabe einzusetzen, wie sie selbst es wollen, aber andererseits schwächt es auch ihre Fähigkeit, der Zwischenwelt zu widerstehen.
Die Zwischenweltfähigkeit
Das äußert sich im Spiel auf zwei Weisen. Einerseits können die Charaktere, die von der Zwischenwelt beschenkt wurden, auf zusätzliche Würfel bauen, was das „Wohlwollen“ der Zwischenwelt repräsentiert, andererseits auf ihre übernatürliche Gabe zurückgreifen.
Während in RDNA der Wahnsinn sich ihrer dafür immer mehr bemächtigt, ist es in diesem Szenario die Zwischenwelt. Dominiert diese in einem Wurf, dann trägt die Zwischenwelt einen kleinen Zwischensieg davon. Der Charakter scheint immer mehr lila-schwarz anzulaufen und seine Konturen auszufransen bis die Zwischenwelt endgültig siegt und den Charakter zu einem ihrer Bewohner formt.
Weitere Würfel und die Münzen
Es bleiben jetzt die Schmerz- und Disziplinwürfel, sowie die Hoffnungs und Verzweiflungsmünzen. Disziplin finde ich zwar eine unglückliche Benennung, sie kann aber bleiben, da jede Umbenennung auch Verwirrungspotential mit sich bringt, wenn die Begriffe durcheinander gehen. Wenn Disziplin dominiert, ändert sich im Grunde nichts.
Schmerz hingegen will ich zu Schwierigkeit machen, da ich Schmerz ebenfalls für eine unglückliche Benennung halte. Für die Spieler, die keine RDNA-Erfahrung haben, könnte Schwierigkeit auch intuitiver zugänglich sein als Schmerz. Dominieren die Schwierigkeiten, kommt es zu Komplikationen. Die Situation wird komplexer und wirkt sich durch eine Münze auf spätere Situationen aus. Wie genau sich die Situation auf spätere Auswirkt muss nicht immer ganz transparent sein. Vielleicht wird der Charakter unsicher als er erkennt, dass die Situation komplexer ist als gedacht und bekommt diesen Gedanken nicht los, vielleicht stehen die Situationen auch in einem Zusammenhang oder es ist nur ein Spiel der Zwischenwelt.
Angelehnt an die Umbenennung von Schmerz zu Schwierigkeit möchte ich auch die Verzweiflungsmünzen so umbenennen, dass sie weniger auf die persönliche, innere Komplikation als die externen Komplikationen hinweisen. Dazu möchte ich Verzweiflung in Pech umbenennen, wobei offen bleibt, ob Pech immer Pech ist oder nicht doch die Zwischenwelt ihre Finger im Spiel hat. Wegen ihres Zusammenhängens benenne ich die Hoffnung auch in Glück um, um das namentlich passende Paar zu haben. Spielmechanisch ändert sich allerdings nichts.
Ausblick
Mit den bis hier beschriebenen Punkten habe ich alles zusammen, um die Regeln stimmungvoll an das Szenario anzupassen. Mechanisch hat sich nichts geändert, aber die Erklärungen und Interpretationen verschiedener Punkte und Vorgänge schon. Im Folgenden muss ich das, was hier steht noch zusammenfassen als kleine Regelreferenzen für die Spieler und mich, die im Anschluss dieser Reihe natürlich im fertigen PDF enthalten sein wird.
Außerdem steht mit der Zwischenwelt etwas mehr des Hintergrunds. Bevor ich da ins Detail gehe und die Auswirkungen auf die Handlung angehe, werde ich mich im nächsten Teil den vorgefertigten Spielercharakteren zuwenden.
Bisherige Beiträge dieser Reihe:
Teil I: Zur Ausgangslage und Grundidee
Teil II: Wahl des Regelhintergrunds